Schlüsseldienste benötigen ganz bestimmte Werkzeuge, um zugefallene Türen jeglicher Art, Fenster, Tore, Tresore und Kraftfahrzeuge zu öffnen. Die Werkzeuge dienen entweder der nicht zerstörenden oder der zerstörenden Öffnungstechnik. Angestrebt wird immer eine nicht zerstörende Öffnung, doch das ist nicht immer möglich. Für den Mitarbeiter des Schlüsseldienstes ist es wichtig, möglichst viele verschiedene Werkzeuge mitzuführen, um flexibel auf alle Eventualitäten eingehen zu können.
Schlüsseldienstwerkzeuge für die nicht zerstörende Öffnung
Die Kategorie der nicht zerstörenden Öffnungswerkzeuge von Schlüsseldiensten enthält die meisten Werkzeuge. Dazu gehören zum Beispiel:
- Lockpicks (mechanisch und elektrisch)
- Türfallen: Öffnungssets mit Nadeln, Drähten, Gleitern und einem Spachtel
- Keilformgleiter
- Öffnungsfaltkarten mit Doppelfalz
- Spiralöffner
- Öffner für Paniktüren
- Letterbox-Tool
- Türhebel und -spreizer
- Lockoff-Türspionöffner
- Türbeschlagsheber
- Türklinkenangel
- Multiöffner
- Dietrich
Der bekannte „Dietrich“ ist eigentlich auch ein Lockpick, er genügt allerdings höchstens für sehr einfach Schlösser. An Wohnungstüren sind diese heute nicht mehr zu finden. Die Klasse der Lockpicks ist insgesamt sehr vielfältig, was seinen Hintergrund hat: Je komplizierter ein Schloss aufgebaut ist, desto raffinierter muss das entsprechende Werkzeug des Schlüsseldienstes sein, das daher seinen Preis hat. Elektrische Multipicks beispielsweise verursachen sehr hohe Anschaffungskosten, die aber ein gewerblicher Schlüsseldienst aufbringen muss. Anzumerken wäre bei dieser Auflistung noch, dass nicht alle genannten Werkzeuge komplett beschädigungsfrei funktionieren. Einige wie beispielsweise der Türspion-Lockoff verursachen geringe Schäden, die sich aber zu geringen Kosten und relativ problemlos beheben lassen.
Hintergrund zum Werkzeug des Schlüsseldienstes: Wie funktioniert eine Türöffnung?
Um zu verstehen, welche Werkzeuge ein Schlüsseldienst benötigt, müssen wir uns die Funktionsweise einer Türöffnung anschauen. Grundsätzlich gibt es eine klassische Öffnungsmethode und die Pekussionsmethode. Für die klassische Methode drückt das Schlüsseldienstwerkzeug die Stifte im Inneren eines Schlosses mit einem Haken herunter, bis sich der Schließzylinder letztendlich drehen lässt. Das kann bei herkömmlichen Schlössern recht schnell gehen. Bei der Perkussionsmethode klopft das Werkzeug ans Schloss und gibt damit einen Impuls weiter. Innerhalb eines bestimmten (kurzen) Zeitfensters schweben dadurch die Kernstifte, die sich damit entriegeln lassen. Ein Paniktüröffner kann Türen öffnen, die einfach gefalzt, nur zugefallen und nach außen öffnend sind. Der Paniktüröffner schiebt die Schließfalle zurück, es gibt ihn für eine rechts- und eine linksseitige Auslegung der Tür. Um den Paniktüröffner anzusetzen, muss die Tür mit einer Saugvorrichtung angezogen werden. Wenn die Tür nach innen öffnet, kommt ein Keilformgleiter zum Einsatz. Sollte sie nur einen geringen Spalt zum Rahmen lassen, wendet der Schlüsseldienst als Werkzeug eine Öffnungskarte an. Diese besteht aus hochflexiblem Kunststoff in unterschiedlicher Materialstärke für verschieden starke Spalte. Auch Öffnungsbleche oder -Gleiter dienen dem beschädigungslosen Öffnen, wenn eine Tür nur zugefallen ist. Sie werden in die Türfalz eingedrückt und dann über die Schlossfalle gezogen, wodurch die Tür aufspringt. Auch die Öffnungsbleche gibt es für rechts- und linksseitige Ausführungen von Türen sowie in verschiedenen Längen und Materialstärken. Sie haben keine scharfen Kanten, wodurch keinerlei Kratzer an der Tür oder am Türrahmen entstehen. Gleitspray kann helfen, wenn ein Öffnungsblech entlang der Dichtungsgummis schlecht eingleitet.
Einsatz von Spachteln, Öffnungsdrähten und Spiralen
Wenn die Türfalle recht schwergängig ist, kommt ein Spachtel zum Einsatz. Die Spachtel gibt es als Sets in diversen Stärken, sie eignen sich unter anderem für Kunststoff- und Metalltüren, deren Fallen weit hinten liegen. Öffnungsdrähte nutzt der Schlüsseldienst als Werkzeug für Aluminium- und Holzzargen. Der Monteur muss sie selbst biegen. Sollte der Türspalt nicht zu klein sein, kann der Monteur eine Spirale verwenden. Er schiebt sie durch den Spalt zwischen der Tür und der Türzarge und dreht dann die Federstahlspiralnadeln hinein, bis sie an der Schlossfalle angelangt sind. Beim Weiterdrehen drückt die Spirale das Schloss auf. Es entsteht eine kleine Beschädigung im Dichtungsgummi, der sich aber leicht ersetzen lässt.
Türklinkenangel
Wenn eine Tür nur zugefallen ist und innen eine ganz normale Klinke (kein Knauf) hat, kann diese mit einer Türklinkenangel von außen heruntergedrückt werden. Hierfür muss es aber einen Lüftungsspalt am Boden geben, was nicht immer der Fall ist. Das Vorgehen verlangt einiges Geschick: Der Monteur schiebt die Angel praktisch ohne Sichtkontakt von außen durch den Spalt und dann nach oben, bis sie die Klinke erreicht. Die Angel wird flach durchgeschoben und dann mit einer 90°-Drehung aufgerichtet. Der schwierigste Teil der Übung ist es, sie ohne visuelle Kontrolle über die Klinke zu bringen, was mehrere Versuche erfordern kann. Dafür ist die Methode garantiert beschädigungsfrei, es entstehen keinerlei Kratzer. Der Luftspalt unter der Türunterkante sollte hierfür ~4,5 mm stark oder stärker sein. Wenn es unten eine Türleiste gibt, lässt sich diese vielleicht entfernen, dann würde das Verfahren auch funktionieren. Die Türklinkenangel kann auch zusammen mit einem Air-Wedge-Druckluftkissen oder einem Türhebel eingesetzt werden. Ähnlich funktionieren Fensteröffnungen bei angekippten Fenstern.
Lockoff-Türspionöffner
Durch einen Türspion lässt sich eine Tür auch öffnen. Das Verfahren funktioniert bei Doppelfalz- und Einfachfalztüren. Für den Lockoff muss der Schlüsseldienstmitarbeiter das Werkzeug durch den Türspion schieben, der dabei leider beschädigt wird, sich aber ebenfalls relativ kostengünstig ersetzen lässt. Wenn die Tür keinen Spion hat, ist es möglich, durch sie ein Loch zu bohren. Das wäre nun garantiert nicht mehr beschädigungsfrei, weshalb sich dieses Vorgehen nur empfiehlt, wenn es (beispielsweise unter Zeitdruck) momentan keinen anderen Weg gibt. Der Monteur kann das Loch aber so setzen, dass es in Zukunft einen Türspion aufnimmt. Eine Lockoff-Öffnung funktioniert ansonsten recht schnell und geräuscharm. Durch das Loch steckt der Monteur den Kipphebel und betätigt damit von innen die Klinke. Das Verfahren funktioniert nur, wenn die Tür nicht verschlossen ist.
Werkzeuge für die nicht-beschädigungsfreie Öffnung
Manchmal ist die beschädigungsfreie Öffnung nicht möglich. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Die beiden wichtigsten sind:
- Das Schloss ist sehr modern und widersteht herkömmlichen Öffnungsversuchen bzw. die Tür ist noch anderweitig (mit Riegeln) gesichert.
- Die Öffnung muss wegen eines Notfalles sehr schnell erfolgen. Im Raum befindet sich beispielsweise eine hilflose Person. Auch ein Brand oder ein Wasserrohrbruch können eine sehr schnelle Öffnung erzwingen.
Die gängigste Methode in solchen Fällen ist das Aufbohren des Schließzylinders, der dadurch unbrauchbar wird und ersetzt werden muss. Wenn die Tür zusätzlich gesichert ist, kommen Brecheisen, Spreizer und auch Schweißgeräte oder Metallsägen zum Überwinden von internen Verriegelungen zum Einsatz. Solche Mittel setzen beispielsweise die Feuerwehr, Rettungsdienste und die Polizei ein. Ein Schlüsseldienst geht so nur nach ausdrücklicher Aufforderung durch den Wohnungsinhaber oder -mieter vor. Bei Gefahr im Verzug wird er unverzüglich die betreffenden Dienste verständigen.